Schmerzen, Leiden, Schäden:Wenn die Begriffe auch meist im Plural gebraucht werden, so bedeutet dies nicht, dass ein einzelner Schmerz oder ein einzelner Schaden hingenommen werden kann. Schmerz setzt keine unmittelbare Einwirkung auf das Tier voraus und muss auch nicht zu erkennbaren Abwehrmaßnahmen führen. Der Begriff Leiden darf im Zusammenhang mit §11b keinesfalls nur medizinisch gesehen werden. Es handelt sich vielmehr um einen eigenständigen Begriff des Tierschutzrechtes, der auch alle von dem Begriff Schmerz nicht erfassten länger andauernden Unlustgefühle einschließt. Häufig findet hierfür auch der Begriff "Distress" Verwendung. Leiden werden auch durch instinktwidrige, der Wesensart eines Individuums zuwiderlaufende und gegenüber seinem Selbst- oder Arterhaltungstrieb als lebensfeindlich empfundene Beeinträchtigungen verursacht. Hierzu gehören im Hinblick auf § 11b auch dauerhafte Entbehrungen bei der Befriedigung ererbter arttypischer Verhaltensbedürfnisse. Die Erheblichkeit von Schmerzen, Leiden oder Schäden braucht für die Erfüllung des Verbotstatbestandes nach § 11b nicht gegeben zu sein. Ein Schaden liegt bereits vor, wenn der Zustand eines Tieres dauerhaft auch nur geringfügig zum Negativen verändert ist. Der Schaden kann auf körperlicher oder psychischer Grundlage erfolgen. Gleichzeitiges Leiden und Schmerzempfinden muss nicht gegeben sein. So sind zuchtbedingte geringfügige Gleichgewichtsstörungen bereits als Schaden nach §
11b anzusehen, ebenso wie Folgeschäden, die aufgrund von Zuchtmerkmalen auftreten, z.B. die Häufung von Gehirntumoren bei kurzköpfigen Hunderassen. Der maximale Schaden, den ein Lebewesen annehmen kann, ist sein Tod. Artgemäßer Gebrauch:Organe, Organsysteme und Körperteile eines Individuums haben bestimmte, genetisch festgelegt, für die Lebens- und Fortpflanzungsfähigkeit notwendige Funktionen zu erfüllen. Der artgemäße Gebrauch ist dann nicht mehr gegeben, wenn eine dieser Funktionen durch züchterische Einflussnahme nicht mehr ausreichend erfüllt oder ausgeführt werden kann. Dies gilt besonders für erbliche Beeinträchtigungen an Sinnesorganen. Auch negative Veränderun- gen an Organen oder Körperteilen, die mit Zuchtmerkmalen in Zusammenhang stehen, nicht aber mit den durch Zuchtziele beeinflussten Organen oder Körperteilen identisch sind, und mit Schmerzen, Leiden oder Schäden einhergehen, fallen unter § 11b. Gleiches gilt für negative Verhaltens-änderungen von Tieren, sofern diese durch Zucht bedingt sind.
Problematische Zuchtziele:Im Folgenden werden die Zuchtziele, soweit sie mit dem geltenden Tierschutzgesetz nicht vereinbar sind, zunächst allgemein und dann im Einzelnen besprochen und Vorschläge zur Verbesserung gemacht. Es handelt sich um züchterisch geförderte Defektgene oder deren Auswirkungen sowie oligogen oder polygen bedingte Merkmalsausprägungen, die Schmerzen, Leiden oder Schäden bewirken oder die mit krankhaften Zuständen gekoppelt sind. In der Heimtierzucht beliebte Zuchtziele betreffen vor allem das Wachstum (Größe, Körperform), die Haut und das Haarkleid bzw. Gefieder einschließlich der Pigmentierung (Farbe) sowie das Verhalten (Wesensmerkmale). Häufig treten mit diesen Merkmalen gekoppelt auch Veränderungen im Bereich des Zentralnervensystems, der Sinnesorgane, der Fortpflanzungsorgane, der Muskulatur, des Skeletts, des Bindegewebes und anderer Organe oder Gewebe auf. Haut, Haar- und Federkleid:Bei Haut, Haar- und Federkleid hat sich der Einfluss der künstlichen Selektion besonders ausgewirkt. Die mutativen Veränderungen der Hautanhangsorgane (Haare, Federn) sind bei vielen Heimtieren gleich. Die Haarstruktur mancher Hunderassen, z.B. des Maltesers, entspricht in etwa der des Angorahaares bei anderen Tierarten (Ziege, Katze, Kaninchen, Meerschweinchen). Auch extreme Zuchtziele im Bereich der Haut und ihrer Anhangsorgane können zu Krankheiten bzw. zu Krankheitsdispositionen führen: Falten zu Dermatitisneigung. Haarlosigkeit zu Störungen der Wärmeregulation, Hypodontie, Immundefekten u. a., Pigmentmangel zu Störungen im Zentral-Nervensystem und in den Sinnesorganen. Pigmentmangel ist deshalb häufig mit Krankheitsdisposition gekoppelt, da zum einen Melanoblasten und Neuroblasten vom gleichen Keimblatt (Ektoderm) stammen, und zum anderen bei Albinos die farblose Iris nicht ausreichend vor zu viel Lichteinfall auf die Retina schützt. Daher leiden Albinos vor allem unter Schwachsinnigkeit und sind hochgradig lichtempfindlich. Von Albinoratten ist bekannt, dass bei ihnen bereits bei sehr geringen Lichtintensitäten (80-100) irreparable Schäden an den Fotorezeptoren der Netzhaut auftreten können.
Spezieller Teil
In diesem Teil des Gutachtens werden Merkmale berücksichtigt, mit denen direkt oder indirekt gezüchtet wird und die bei der Nachzucht zu schmerzen, Leiden oder Schäden führen können. Merkmale, mit denen nicht gezüchtet wird, die jedoch in verschiedenen Rassen mehr oder weniger gehäuft auftreten, werden aufgelistet. I. Zuchtverbote werden empfohlen für Tiere, die Träger von Genen bzw. eindeutig erblich bedingten Merkmalen sind, welche für den Züchter direkt erkennbar oder diagnostisch zugänglich sind und die bei der Nachzucht zu mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbundenen Merkmalen führen können. Dabei ist unerheblich, ob mit solchen Genen oder Merkmalen direkt oder indirekt gezüchtet wird.
Merlesyndrom
Definition: Depigmentierungssyndrom, bei dem neben der Depigmentierung regelmäßig variabel ausgeprägte Sinnesorgandefekte auftretenDefinition: Depigmentierungssyndrom, bei dem neben der Depigmentierung regelmäßig variabel ausgeprägte Sinnesorgandefekte auftretenSymptomatik: Für das Merle- Gen heterozygote Tiere zeigen die von den Züchtern gewünschte disperse Pigment-Aufhellung (Tigerung), während bei homozygoten Merle- Tieren (sog. Weißtiger) mehr als 50 % bis 100 % der Körperoberfläche unpigmentiert sind. Die Depigmentierung ist mit multiplen, variabel ausgeprägten Anomalien an Auge (u.a. Mikrophthalmus, Katarkte, Iriskolo-bome, fehlendes Tapetum lucidum und Ohr (Degeneration im Innenohr) verbunden. Diese pathologisch- anatomischen Veränderungen treten ein- oder beidseitig auf und finden ihr Korrelat in einer mehr oder weniger starken Einschränkung der Hör- und Sehfähigkeit. Außerdem können Störungen des Gleichgewichtsorgans und der Reproduktion sowie bei Weißtigern eine perinatale Sterblichkeit von bis zu 47 % festgestellt werden. Bezüglich Grad und Umfang der Anomalien ist ein deutlicher Gen-Dosis-Effekt vorhanden: Weißtiger sind immer stärker betroffen als heterozygote Tiger. Im Gegensatz zu oben zitierten Publikationen konnten in einer jüngst abgeschlossenen Untersuchung (NEUMANN,
1998) nur bei vermutlich homozygoten Merle- Tieren Sinnesorganschäden gefunden werden. Empfehlung:Homozygote Merle- Weißtiger (MM) weisen regelmäßig Sinnesorganstörungen auf und sind somit Leiden ausgesetzt.
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